Tanz zwischen den Zeilen
Lesung mit Inga Grote
Premiere: Inga Grote liest ihre Lyrik, Musik von Monika Thiery
„In ihren Augen der Glanz des ersten Tanzes“
Lyrikabend wird in Hausen zum Gesamtkunstwerk
Die alte Dorfkirche Hausen hat schon viel erlebt: spannende, faszinierende Ausstellungen, stimmungsvolle und innovative Konzerte, wagemutige Experimente mit zeitgenössischer Kunst und Musik. Am Samstagabend gab es ein echtes Gesamtkunstwerk im Atelier von Konrad Franz, eine perfekte Synthese aus Kunst, Atmosphäre, Musik und Lyrik. Anlass war ein Lyrikabend mit der jungen Wörther Autorin Inga Grote, die ihren ersten Gedichtband mit dem Titel „Tanz zwischen Zeilen“ vorstellte. Die gut 50 Literatur- und Kunstfreunde im atmosphärisch dichten Kirchenschiff hörten eine gute Stunde lang eine spürbar beeindruckende Kombination aus sensiblen Versen, von der 20jährigen Lyrikerin einfühlsam vortragen – nach dem Muster der großen Hilde Domin immer zweimal gesprochen, um das Verständnis zu erleichtern. Es waren manchmal fast impressionistische Moment- und Stimmungsbilder, authentische Eindrücke und glaubwürdige Gefühle – ganz unpathetisch und natürlich in Worte gegossen, die ohne falsches Pathos und in einer Art Gegenprogramm zum gerade beim Thema Liebe oft verlogenen Kitsch tief empfundene Zuneigung in schöner Zurückhaltung ausdrückten. Ein Beispiel für viele: Ein Liebesgedicht aus dem Band trägt den Titel „25.10.2022“ und endet mit den Zeilen: „Mir fehlen die Worte zu fragen, / ob du sagen willst, / was ich
denke.“
Zu einem Gesamtkunstwerk gehört neben den sprachlich und inhaltlich beeindruckenden Texten – authentisch im stimmungsvollen Ambiente präsentiert – noch Musik, die Verse in Noten bannt und so eine zweite, kreative Interpretationsebene eröffnet. Diese Aufgabe übernahm die Pianistin Monika Thiery. Sie trug entscheidend dazu bei, dass nach dem einstündigen Programm in sehr konzentrierter Stimmung und großer Stille am Ende euphorischer Beifall losbrach. Thiery hatte mit Eric Saties „Gnossienne Nr.2“ von 1893 und mit zwei „Children’s Songs“ des Jazzpianisten Chick Corea von 1983 kurze Klavierstücke gewählt, die wie für Inga Grotes Lyrik geschrieben schienen. Die Zuhörer konnten in der Musik die Verse noch einmal nachklingen lassen. Thierys empathische und technisch perfekte Interpretation auf dem Flügel versetzte die Zuhörer bei Satie in die Träumereien einer mystisch reinen Welt und ließ sie das nicht selten abgegriffene und abgenutzte Thema „Liebe“ in den Tönen – wie zuvor in den Versen – neu und frisch miterleben. Thiery interpretierte
zwei Songs Coreas so intensiv, dass man in der Musik hinter der vordergründigen Einfachheit, einer manchmal fast kindlichen, niedlichen Anmutung ganz andere und weite Horizonte ahnen konnte. Die Komposition ist fast schon raffiniert und in ihrer spielerischen Leichtigkeit so anspruchsvoll, dass man verstehen kann, warum sich viele Pianisten nicht gerne an die „Childrens’s Songs“ wagen. Bei Monika Thiery war es kein Wagnis, sondern eine stimmige, vielschichtige Interpretation und eine kongeniale Umsetzung dessen, was in manchen Gedichten der 20-Jährigen angelegt ist.
Wer Gedichte wie „Musik“ über die Erinnerung ihrer Großmutter an den ersten Tanz mit ihrem Mann lesen und sich über Zeilen wie „Sie im Kleid / und er im Tanz“ freuen will, kann das im Buch „Tanz zwischen Zeilen“ mit 17 Gedichten und luftig leichten Illustrationen von Inga Grote tun, das in jeder Buchhandlung zu bestellen ist: ISBN 978 – 3 – 7115 -0101 – 1.
Heinz Linduschka
In der alten Dorfkirche Hausen, dem Atelier von Konrad Franz, boten die Lyrikerin Inga Grote und die Pianistin Monika Thiery ein Gesamtkunstwerk aus Versen und Tönen.